Lunge – Atem – Leben
Mit dem Lungenmeridian beginnt der Energiekreislauf durch die Meridiane und mit der Lunge, dem Atmen, «beginnt» das Leben auf der Erde. Vor einem grossen, bedeutenden Schritt oder Entscheid atmen wir nochmals tief durch, wir müssen einen langen Atem haben, um durchzuhalten und wir gähnen und seufzen, um Spannungen abzubauen.
Eigenschaften der Lungen-Energie
Der Lungenmeridian wird der Wandlungsphase Metall zugeordnet. Die Jahreszeit des Herbstes gehört zum Metall. Dazu passen Themen wie Loslassen, Einspeichern und Verdichten. Und genau diese Themen passen zur Lungen-Energie. Beim Einatmen nehmen wir die Energie auf und verdichten sie in unserem Körper. Gut spürbar ist das z.B. beim Schluchzen, wobei man stark einatmet und dadurch eine gewisse Spannung, Verdichtung aufbaut. Hingegen geben wir beim Ausatmen wieder Energie ab und bauen Spannungen ab, was z.B. beim Seufzen sehr gut spürbar ist.
In der TCM wird die Lunge als «Meisterin des Qi» bezeichnet. Denn der Atem ist eine unserer Hauptenergiequellen und die Lungen-Energie verteilt das Qi in uns. Wenn wir also nicht richtig atmen (können), nehmen wir weniger Energie auf und werden schnell müde und unkonzentriert. Zudem schwächt es über längere Frist unseren Stoffwechsel und hat einen Einfluss auf viele Funktionen im Körper.
Die Lunge ist anfällig auf Kälte und Trockenheit, was uns jetzt im Herbst oft begegnet: Die kalte Luft durch die sinkenden Temperaturen und die oft sehr trockene Luft, v.a. in beheizten Innenräumen. Der mühsame Reizhusten ist eine Folge davon, wenn die Lungen-Energie angegriffen wird.
Die Lunge, Haut, Immunsystem, Kontakt zur Aussenwelt
Durch den Atem verbinden wir unsere Innenwelt mit der Aussenwelt. Genauso gehört die Haut, als Grenze zwischen Innen und Aussen, zur Lungen-Energie. Dadurch zeigt sich, dass über die Lungen-Energie sehr viel bestimmt wird, was ich an mich heranlasse oder nicht. In der TCM wird daher das Immunsystem, Wei-Qi, der Lungen-Energie zugeordnet. Dieses Zulassen oder nicht, bezieht sich aber nicht nur auf das Immunsystem, sondern auch auf die Art, wie wir mit Mitmenschen umgehen, auf sie zugehen oder wie wir mit unseren Emotionen umgehen. Wenn man z.B. gestresst oder gereizt ist, verspannen sich die Schultern und man beginnt oberflächlicher und schneller zu atmen. Wenn man in diesem Moment bewusst ruhig und tief atmet, wandelt man den Stress und das gereizt sein in positive Energie um und die Schulterpartie beginnt sich wieder zu entspannen. Auch in diesem Gesichtspunkt ist der Atem die Brücke, das Bindeglied zwischen Innen und Aussen oder zwischen Psyche und Körper. Deshalb machen Formulierungen wie «dünnhäutig sein» oder «eine dicke Haut haben» Sinn: Denn die Haut gehört ebenfalls zur Lungen-Energie und stellt eine Schutzschicht von aussen nach innen dar. Sie zeigt, wie offen man dem äusseren, dem anderen gegenüber ist.
Wie viel Raum nehme ich mir bei der Atmung, aber auch im äusseren Leben? Getraue ich mich meinen Raum einzufordern und zu wahren? Das trifft neben dem psychischen Aspekt auch auf den sozialen Aspekt, dem Umgang mit meinen Mitmenschen zu.
Die Lungen-Energie braucht den sozialen Austausch, den Kontakt zu Mitmenschen. Soziale Isolation macht uns krank, es schwächt unsere Lungen-Energie, was wir spätestens seit den Corona-Lockdowns wissen.
Psychische Aspekte
Die Trauer, der Umgang mit Verlusten gehört primär zur Lungen-Energie. Und dieser Trauer um Verluste macht den Link zur Wandlungsphase Metall, welche dem Herbst zugeordnet ist. Genau das ist das Thema des Herbstes. Das Alte loslassen und sich wieder mehr auf sich, auf seinen Kern konzentrieren. Die Energie in sich bündeln und einspeichern. Kann ich Altes loslassen, um wieder neu zu beginnen, um wieder neu zu leben? Genau das kann ich mit jedem Atemzug üben.
Was Sie für Ihre Lungen-Energie tun können
Eine der wichtigsten Übungen für die Lungen-Energie ist die normale, tiefe Bauchatmung. Es hilft, wenn man seinen Atem täglich, immer wieder wahrnimmt. Dadurch wird er mit der Zeit von allein ruhiger und tiefer. Diverse Studien zeigen, dass durch «falsche» Atemgewohnheiten viele psychische und physische Beschwerden ausgelöst oder verstärkt werden können. Durch das – immer wieder – bewusste, ruhige, tiefe Ein- und Ausatmen durch die Nase können Sie sehr viel für Ihre Gesundheit tun. So ist bei der Therapie von z.B. Asthma, Angstzuständen, ADHS, Blutdruckproblemen, depressive Verstimmungen, Gewichtsproblemen, Hyperaktivität, Immunschwäche, Schlaflosigkeit, Schuppenflechte, Verdauungsbeschwerden u.v.m. das bewusste, tiefe Atmen ein wichtiger Bestandteil, den jede/jeder selbst zu seinem eigenen Wohlbefinden beitragen kann.
Weiter kann das bewusste Pflegen von Kontakten auf der psychischen Ebene sehr wertvoll sein und unterstützt so die Lungen-Energie. Besonders in Zeiten von einem grossen Verlust, von grosser Trauer, hilft der Austausch mit lieben Menschen, um damit immer besser klarzukommen.
Im Umgang mit den Mitmenschen ist es für eine gute Lungen-Energie entscheidend, dass man klar seine Grenzen zieht und diese bewahrt.
Bei trockenem Hals kann z.B. Birnensaft sehr gut helfen. Bei Hals-Rachenentzündung empfiehlt sich Salbei-Tee, evtl. mit etwas Honig gesüsst. Ölziehen kann bei solchen Symptomen ebenfalls kleine Wunder bewirken. Wenn die Erkältung tiefer, in den Bronchien sitzt, ist Thymian-Tee sehr empfehlenswert. Des Weiteren kann Holunderblüten-Tee gut bei Erkältungskrankheiten oder auch bei Heuschnupfen eingesetzt werden.